Leserbrief: »App bringt Angebote und Helfer zusammen« vom 31. März 2020 in der Neuen Westfälischen
Chance vertan?
Die Verwaltung der Stadt Gütersloh hat Ende 2018 mit einer großen Auftaktveranstaltung im Stadttheater den »Digitalen Aufbruch Gütersloh« (DAG) ins Leben gerufen. Seitdem arbeiten Stadtexperten in verschiedenen Denklaboren an Zukunftsvisionen für ein Digitales Gütersloh. In einem Dankschreiben an die Stadtexperten erwähnt unser Bürgermeister das Bemühen der Verwaltung um Fördermittel aus diversen Fördertöpfen des Bundes.
Zitat: Anfang Februar wurde der Förderaufruf des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für "Modellprojekte Smart Cities" veröffentlicht. Hier sollen Kommunen gefördert werden, die die Digitalisierung strategisch im Sinne der integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung und des Gemeinwohls aktiv gestalten. In der Bewerbung können nur ausgewählte Projektideen mit geeignetem Maßstab, intersektoralem Bezug und überregionaler Übertragbarkeit berücksichtigt werden.
Die im Artikel vorgestellte »VoluMap« hätte ein Einstieg sein können, wenn es um Erfüllung der oben genannten Förderkriterien geht. Dazu wäre aus unserer Sicht jedoch ein offenes Lizenzmodell nötig. Stattdessen ist der Rechteinhaber die Firma Topocare GmbH, die diese App im Auftrag der Stadt und unter Verwendung von Fördermitteln entwickelt hat. Hier werden über 180.000 EUR (136.500 Euro aus dem Fördertopf "Land digital" des Bundeslandwirtschaftsministeriums und 50.000 Euro aus den Mitteln der Stadt) an Steuergeldern für die Entwicklung von proprietärem Programmcode verbrannt. Damit wird die Chance vertan, diese sicher sinnvolle App an jede interessierte Kommune weiterzugeben, ohne dass der Rechteinhaber um Erlaubnis gefragt werden muss.
Und bei der Frage bleibt es ja nicht. Laut AGB ist die Nutzung der App kostenlos, Vereine, Initiativen oder gemeinnützige Organisationen benötigen eine administrative Freigabe, für die eine Servicegebühr erhoben werden kann. Derzeit ist die Nutzung der App für weitere Kommunen bis zum Jahresende kostenlos. Und danach?
Auch bei der Ausgestaltung der weiteren Funktionalität der App hat der Rechteinhaber das alleinige Sagen. Die Stadt, die hier öffentliche Fördergelder investiert hat, hat kein Mitspracherecht. Das darf nicht sein. Hier wird wieder einmal die Forderung der Free Software Foundation Europe Public Money? Public Code! ignoriert. Wir fordern deshalb die Verantwortlichen der Stadt Gütersloh auf, den Programmcode der App VoluMap unter eine offene Lizenz stellen zu lassen. So darf die Software weiterentwickelt werden, auch wenn es die Firma Topocare nicht mehr geben sollte oder sie das Interesse an der Fortführung verloren hat.
Hätte ich über die bevorstehenden Förderanträge, die demnächst im Rahmen des DAG gestellt werden, nach den oben zitierten Kriterien zu entscheiden, hieße meine Antwort darauf: Herr Schulz, Chance leider vertan!
Unterzeichnete von Stadtexpert*innen im Denklabor Bildung und Kultur in der digitalen Welt
- Katja Giese
- Ingo Krüger
- Felix Kupferschmidt
- Bernd Zeitzen
und als Privatperson:
- Christian Beckmann