Betreff: Leserbrief zum Artikel "Verkehrschaos am Mansergh-Quartier befürchtet", NW vom 19.02.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei ein Leserbrief zu Ihrem Artikel in der Samstagsausgabe.

Die Befürchtungen der Anwohnerinnen und Anwohner aus Sundern, dass die Verler Straße nicht weitere 700 Kraftfahrzeuge je Stunde aufnehmen kann, sind mehr als nachvollziehbar. Viele Gütersloher Initiativen und Bürger haben auch aus diesem Grund im Rahmen der Bürgerbeteiligung gefordert, dass das Mansergh-Quartier weitgehend autofrei konzeptioniert wird. Erhört worden ist diese Forderung bisher nicht. Sogar innerhalb der Kernzone des Quartiers soll Autoverkehr möglich sein und ganze vier Parkhäuser sind vorgesehen für die Unterbringung der Vielzahl der Autos.

Unsere Stadt plant hier jedoch ein neues Wohnquartier für die nächsten Jahrzehnte. Wir sollten dort wie auch bei allen weiteren neuen größeren Wohn- und Gewerbegebieten erreichen, dass diese für die umweltfreundlichen Verkehrsmittel optimiert werden und nicht für das Auto! Freiburg hat das z.B. beim neuen Stadteil Vauban – ebenfalls einem alten Kasernengelände – bereits Ende der 90er Jahre gemacht. Wir sprechen hier nicht von Visionen – anderswo ist es seit Jahren erprobte Realität. Der weitgehend autofreie Freiburger Stadtteil kommt bei inzwischen deutlich über 5500 Bewohnern übrigens mit zwei Parkhäusern am Rand des Stadtteils aus.

Im Falle des Mansergh-Quartiers sind also insbesondere Bus, TWE, der Rad- und Fußverkehr zu berücksichtigen. Natürlich spielt dabei insbesondere die Anbindung zu den entsprechenden Zielen außerhalb des Quartiers eine entscheidende Rolle, z.B. zur Innenstadt, zu den umliegenden Schulen und den großen Arbeitgebern. An der Verler Straße gibt es keine zeitgemäße Radinfrastruktur, die Busse stehen im Stau bzw. kommen nach 20 Uhr in Gütersloh bekanntlich gar nicht mehr. Da jede zukünftige Bewohnerin und Bewohner die Wahl hat, müssen wir erreichen, dass die umweltfreundlichen Verkehrsmittel einfacher, günstiger, komfortabler und schneller sind als das eigene Auto. Genau an diesem Ziel sollte sich Verkehrsplanung im 21. Jahrhundert messen und nicht daran, wie man Autos in vierstelliger Anzahl möglichst wenig störend unterbringt!

Wenn man die langen Vorlaufzeiten der jeweiligen Planungen und das Dickicht der Zuständigkeiten berücksichtigt, muss damit schon begonnen werden, bevor ein neues Gewerbe- und Wohngebiet konzeptioniert wird. In Gütersloh läuft es meiner Wahrnehmung anders herum, wenn denn überhaupt Mobilitätsaspekte außerhalb des Autos berücksichtigt werden. Ein Verweis auf den Rahmenplan oder andere Konzepte reicht hier nicht aus, solange die Umsetzung dieser Konzepte kaum voranschreitet. Die Mangelmeldungen des ADFC bzgl. der Verler Straße, größtenteils in Baulast von Straßen NRW, sind seit über zehn Jahren nicht abgearbeitet worden. Stattdessen wurden vor etwa fünf Jahren an den besonders schadhaften Stellen „Radwegschäden“-Schilder aufgestellt, dokumentiert in der ADFC-Mängeldatenbank.

Die Verwaltung und ein beauftragtes Büro präsentieren nun im Hauptausschuss – und interessanterweise nicht im Mobilitätsausschuss - ein sogenanntes Mobilitätskonzept und machen der Politik Druck, möglichst schnell zuzustimmen – alles andere würde die Zeitplanung gefährden. In der präsentierten Form besteht das Konzept aus recht wenig Inhalten dafür umso mehr aus großformatigen Fotos. Die so wichtige Anbindung des Quartiers nach außen wird in der Präsentation so gut wie gar nicht betrachtet, als würde es autark ohne Anbindung an die Außenwelt funktionieren. Ob es ein umfassenderes schriftliches Konzept gibt, bleibt dabei offen, zumindest hat es der ADFC auch auf Nachfrage nicht erhalten. Gesprächsbedarf ist vorhanden!

Daniel Neuhaus

Vorsitzender ADFC Kreisverband Gütersloh e.V.

DanielNeuhaus/Leserbrief/2022-02-20 (zuletzt geändert am 2022-02-20 16:57:57 durch KurtGramlich)

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