Leserbrief zu „Audi-Chef: Wir sind keine Sozialstation“ (1. März 2007 Seite „Wirtschaft“) NW

Arrogant, ignorant, zynisch

Die deutsche Automobilindustrie, allen voran die Flagschiffe Mercedes, BMW und Audi, hatten in den letzten Wochen wegen ihrer Benzin fressenden Autos viel Kritik einstecken müssen. Vereinzelt waren Reaktionen zu hören, die auf eine Änderung der Unternehmens- und Modellpolitik hoffen ließen.

Nun hat Rupert Stadler, 44, gelernter Betriebswirt und neuer schneidiger Audi-Chef, zu einem Befreiungsschlag ausgeholt. Das Thema CO2 sei „nun hinreichend plattgetreten“, die Gesellschaft werde in einigen Wochen wieder „auf den Boden der Realität zurückkehren“, und Brüssel werde es „sich dreimal überlegen, ob sie uns ärgern wollen“. Die „Tonnen schweren Oberklassefahrzeuge“ von Audi könne man gar nicht nach den Vorgaben der EU antreiben, weil man „die Physik nicht betrügen könne“. Hybridantriebe seien „Humbug“.

Und dann gibt Herr Stadler seinen Einlassungen noch einen besonderen klassenkämpferischen Kick: „Wir sind keine Sozialhilfestation, wir sind ein Wirtschaftsunternehmen.“

Mit anderen Worten: die Klimadebatte ist eine Sache für Sozialhilfeempfänger und nicht für die „Oberklasse“.

Selten hat man von einem deutschen Industrieboss etwas derart Arrogantes, Ignorantes und Zynisches gelesen. Man kann dem Aufsichtsrat von Audi nur dringend empfehlen, Herrn Stadler schnellstens abzulösen. Denn mit Herrn Stadler wird Audi die unausweichliche Neuausrichtung des Unternehmens auf sparsamere und umweltverträglichere Autos um viele weitere Jahre verpassen, zum Schaden des Klimas, aber auch zum Schaden des Unternehmens und am Ende vor allem zum Schaden der Beschäftigten.

Dr. Godehard Franzen

GodehardFranzen/Leserbrief/2007-03-03 (zuletzt geändert am 2023-02-08 15:26:33 durch KurtGramlich)

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