Leserbrief zu „Klimaschutz wird für Mieter teuer“ (Titelseite) v. 14./15.7.07 sowie Kommentar dazu (2. Seite) NW

Progressive CO2-Abgaben erforderlich

Als in der ersten Jahreshälfte die Klimaberichte der Uno für große Aufregung sorgten, hieß es immer wieder beschwichtigend: man müsse zwar schnell und entschlossen handeln; aber die Kosten für die Umsteuerung seien überschaubar. Inzwischen mehren sich Nachrichten und Maßnahmenvorschläge, die zu erheblichen finanziellen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger führen können; so z.B. der Bericht „Klimaschutz wird für Mieter teuer“ vom 14.7.07. Im Kommentar vom selben Tage heißt es deshalb auch zu Recht „Umweltschutz nicht zum Nulltarif“.

Die zentrale Frage ist: wie werden die Kosten für den Klimaschutz verteilt? Es geht zu Recht die Sorge um, dass vor allem die unteren Einkommensschichten über Gebühr zur Ader gelassen werden. Eine sozial ausgewogene Klimaschutzpolitik muss dem begegnen, wenn sie breite Akzeptanz in der Bevölkerung erreichen will. Sozial ausgewogen kann aber eine Klimaschutzpolitik nur sein, wenn die direkten und indirekten CO2-Abgaben nicht linear, sondern progressiv gestaffelt werden, ähnlich wie wir das von der Einkommenssteuer kennen.

Relativ einfach lässt sich das z.B. bei der Kraftfahrzeugsteuer machen, die ja künftig nicht mehr nach Hubraum, sondern nach CO2-Ausstoß erhoben werden soll. Ein drastischer progressiver Tarif für Neufahrzeuge könnte z.B. so aussehen: Fahrzeuge bis 100 mg CO2 pro km sind steuerfrei; Fahrzeuge mit 101 bis 120 mg CO2 pro km zahlen 100 € pro Jahr; Fahrzeuge mit 121 bis 140 mg CO2 pro km zahlen 400 € pro Jahr; Fahrzeuge mit 141 bis 160 mg CO2 pro km zahlen 900 € pro Jahr usw. Ein Fahrzeug, das zwischen 241 und 260 mg CO2 pro km ausstößt, hätte dann 6.400 € KFZ-Steuer zu bezahlen. Das ist zugegebenermaßen ein heftiger Tarif, aber ohne Zweifel wäre er wirksam.

Beim Stromverbrauch von Privathaushalten könnte man ebenfalls relativ einfach ein Modell mit einem progressiven Tarif konstruieren. Man könnte für jeden Haushalt in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße und evtl. besonderen Faktoren einen Sockelbetrag für den Stromverbrauch festlegen, der frei von CO2-Abgaben ist. Für Mehrverbräuche würde dann eine progressive CO2-Abgabe fällig. Auch hier hätte man wieder erreicht, dass Haushalte aus unteren Einkommensschichten wenig belastet würden (vorgesetzt sie verhalten sich vernünftig), während Haushalte aus oberen Einkommensschichten mit einem energieaufwändigeren Lebensstil stärker herangezogen würden.

In anderen Bereichen sieht das schwieriger aus, zumindest auf den ersten Blick. Im gewerblichen Bereich stünde die Idee von progressiven Abgaben auch in Widerspruch zum Konzept des Emissionshandels. Das sieht nicht einfach aus.

Dennoch lohnt es sich, die Idee zu prüfen, ob nicht jeder Haushalt – ähnlich wie bei der Steuererklärung – seinen CO2-Verbrauch einmal pro Jahr erklären muss. Analog zum Existenzminimum müssten Freibeträge festgelegt werden, auf die keine CO2-Abgaben erhoben werden. Verbräuche, die darüber liegen, würden dann zu progressiven Abgaben herangezogen.

Mit einem solchen Konzept hätte man die Chance auf eine sozialverträgliche Gestaltung der Klimaschutzpolitik. Eine entsprechende Gestaltung der neuen KFZ-Steuer wäre ein guter Anfang.

Dr. Godehard Franzen

GodehardFranzen/Leserbrief/2007-07-15 (zuletzt geändert am 2023-02-08 16:05:47 durch KurtGramlich)

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