Artikel „Zum Absteigen zu faul“ in der NW vom 23.10.2015

Anschreiben

Sehr geehrte Damen und Herren,

Unklarheiten bei den Radwegführungen und Verkehrsregeln führen immer wieder zu kontroversen Diskussionen und gelegentlich zu aggressivem Verhalten.

Im Spätsommer durfte ich mich zweimal einer Radfahrergruppe von Ratsmitgliedern anschließen. Auch bei ihnen gab es Unklarheiten zu den Radwegführungen. Das wird verständlich, wenn man feststellt, dass auch Personen, die sich beruflich damit auskennen sollten, Fehlentscheidungen treffen, wie sich mit eingestellten Bußgeldverfahren belegen lässt.

Ihr Unwissen teilen einige Autofahrer und manchmal auch Busfahrer öffentlich mit, wenn sie Radfahrer zur Seite hupen und ärgerlich gestikulieren, weil Radfahrer berechtigt die Fahrbahn benutzen. Rücksicht und die Reduzierung der Geschwindigkeit scheint für sie unzumutbar. Wenn man sich jedoch gemeinsam im Stau befindet, weil man sich gegenseitig im Weg steht, hupt niemand.

Entgegen den Erkenntnissen aus der Unfallforschung werden Radwege für sicher gehalten. Eine Auswertung der Unfallstatistik für die Stadt Gütersloh hat ergeben, dass 75 % der Unfälle mit Radfahrern auf Radwegen passieren, wobei bis zu 80 % die Kraftfahrer die Verursacher sind. Diese Zahlen werden durch die Fakten aus der Unfallforschung der Versicherer ( http://udv.de/de ) bestätigt.

Der Vorwurf, von den erwähnten 75 Radfahrern seien nur 4 am Fußgängerüberweg abgestiegen, ist nicht richtig. Niemand muss am Fußgängerüberweg absteigen. Radfahrer haben lediglich keinen Vorrang, wenn sie fahren. Ein Widerspruch in sich in dem Artikel ist einerseits die Auskunft der Polizei, dass man laut StVO am Fußgängerüberweg nicht absteigen müsse, doch im letzten Satz wird betont, dass jüngeren Radfahrern nicht bewusst sei, dass man absteigen müsse.

Außerdem droht nicht bei einer Behinderung ein Verwarngeld von 20,- €, sondern bei einer Gefährdung. Allein die Verkehrsdichte führt immer wieder zu Behinderungen. Behinderungen erleben Radfahrer täglich, weil Autofahrer aus Einmündungen und Ausfahrten bis auf die Radwege vorfahren, teilweise weil die nötigen Sichtdreiecke fehlen. Das führt oft zu Unfällen.

Zu den erwähnten Bußgeldern: Viele Radwege sind nicht benutzungspflichtig und müssen nicht benutzt werden, sondern nur die, an denen sich die blauen Schilder befinden. Das Fahren in falscher Richtung, also in Fahrtrichtung auf der linken Seite, ist gefährlich und sollte innerorts nicht angeordnet werden. Hier gibt es immer noch Unklarheiten und eingeübte Gewohnheiten, weil bis vor wenigen Jahren besonders häufig die Radwegführungen beliebig links und oft auch beidseitig der Fahrbahn beschildert wurden. An der Herzebrocker Straße und der Verler Str. darf auch heute noch links oder rechts gefahren werden.

Zur Förderung der Verkehrssicherheit sollten veröffentlichte Informationen mit den gesetzlichen Regelungen übereinstimmen.

Ich bitte, den folgenden Leserbrief zu veröffentlichen.


Leserbrief

Immer wieder die Radfahrer!

Nirgendwo scheint es so viele Unklarheiten zu geben wie beim Verkehrsrecht für Radfahrer. Das stelle ich bei vielen Gelegenheiten und in diesem Fall in dem Artikel „Zum Absteigen zu faul“ in der NW vom 23.10.2015 fest. Falsche Informationen verunsichern Verkehrsteilnehmer und schüren unnötig Vorurteile.

Das Aufmacherfoto zu dem Artikel zeigte einen radelnden Schüler an einem Fußgängerüberweg und ist offenbar Anlass, um Radfahrer allgemein zu kritisieren. Nach dem Foto zu urteilen ist das Kind gerade von der Grundschule in eine weiterführende Schule in der Innenstadt gewechselt und muss noch lernen, sich in dem Verkehrsgewusel zu orientieren. Wer sich damit beschäftigt hat, weiß, dass Kinder das Einschätzen der Geschwindigkeit und der Entfernung von Kfz lernen müssen. Deshalb werden jeweils zum neuen Schuljahr Autofahrer angehalten, besonders rücksichtsvoll gegenüber Schulkinder zu sein.

Die Darstellung, von den 1210 Verkehrsunfällen im Kreis Gütersloh mit Radfahrern sei ein großer Teil davon an Zebrastreifen passiert, kann nicht zutreffend sein. Nach einer Auswertung der Unfallstatistik durch die Bürgerinitiative Energiewende liegen als Beispiel folgende konkrete Zahlen vor: In der Stadt Gütersloh ereigneten sich 2012-2014 580 Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung und Personenschaden. Davon waren 400 Unfälle zwischen Radfahrern und Autofahrern (315 von Kfz und 85 von Radfahrern verursacht). Nur 16 Unfälle waren zwischen Radfahrern und Autofahrern an Fußgängerüberwegen (7 von Kfz und 9 von Radfahrern verursacht).

Radfahren schont die Umwelt, ist gut für die Gesundheit und sollte deshalb besser gefördert werden.

HeinzFelderhoff/Leserbrief/2015-10-24 (zuletzt geändert am 2015-11-10 10:59:05 durch FranzSommer)

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