Die Zeit: Der Fußabdruck des Surfers

DIE ZEIT

Der Fußabdruck des Surfers

Rechenzentren verschlingen so viel Energie wie der Flugverkehr. Nun sollen Server und Netze sparsamer werden.

Von Burkhard Strassmann

Beim Landeanflug auf den Berliner Flughafen Tegel können Fluggäste manchmal eine kleine, scheinbar unerklärliche Extraturbulenz erleben. Die Ursache dafür ist ein heißer Luftstrom, der vom Dach der Firma Strato AG aufsteigt. Am fühlbarsten ist das »Luftloch« an heißen Tagen zur Mittagszeit, wenn im Internet Rushhour herrscht und vielleicht mal wieder eine Spamwelle durchs Web rollt.

Dann dampft das Strato-Gebäude, weil die dort untergebrachten Kühlaggregate auf Hochtouren laufen. Zu kühlen sind etwa 25000 Computer, die unter dem Dach in Regalen gestapelt sind und die bei schwerer Arbeit ziemlich heiß werden. 43.000 sogenannte Server besitzt die Firma insgesamt an ihren zwei Standorten in Deutschland, in Berlin und Karlsruhe. Deren Stromverbrauch ist immens: Einschließlich der Energie zum Kühlen liegt er bei 30 Gigawattstunden pro Jahr. Mit dem Strom kämen rund 5.000 Vierpersonenhaushalte aus.

Firmen wie Strato brauchen neben guten Programmierern und geduldigen Hotlinemitarbeitern vor allem eins: eine große Halle für die Server. Web-Hosting heißt das Geschäft. Man offeriert Internetzugänge, Websites, die Einrichtung von Webshops, doch vor allem vermietet man Rechner- und Speicherkapazität. Ganze Banken oder Fluggesellschaften haben ihre Datenbestände ausgelagert, weil sie sich so Hardware und Wartung sparen können oder weil sie ihre Daten dort sicher untergebracht glauben. Zur Zeit der ersten Internetblase schossen Web-Hoster wie Pilze aus der Erde; danach gingen viele baden. Jetzt boomt das Geschäft wieder. Eine Million Kunden hat die Freenet-Tochter Strato, nach eigenen Angaben die Nummer zwei in Europa. Und sie hat ein doppeltes Problem. Die heißen Kisten werden immer mehr – wie kriegt man sie bloß gekühlt? Und insbesondere: Die Stromkosten steigen kontinuierlich, haben sich in den vergangenen fünf Jahren annähernd verdoppelt. Die Stromrechnung ist beim Web-Hoster längst höher als die für Personal und Hardware.

Das Problem haben kleine Firmen mit einer Handvoll Server ebenso wie Giganten in der Größenordnung von Google. Damit die größte Suchmaschine im Internet schnell und zuverlässig arbeiten kann, unterhält Google gleich ein ganzes Netzwerk aus sogenannten Serverfarmen mit – geschätzt – fast einer halben Million Rechnern. Der Energiebedarf des »Googleplex« liegt in der Kategorie Kleinstadt und schlägt mit mehreren Millionen Dollar zu Buche. Monatlich!

Der Laie glaubt ja gern, dass das Internet – ist man einmal drin – im Prinzip nichts kostet. Tatsächlich aber schluckt, das hat die New York Times einmal ausgerechnet, schon die einzelne Suchanfrage bei Google so viel Strom wie eine Energiesparlampe in einer Stunde. Auch viele Onlinespiele im Internet sind zwar gratis, aber nicht kostenlos. Nicholas Carr, ein Autor und bekannter Blogger, hat einmal die Energiebilanz der Avatare im Internetspiel Second Life aufgestellt. Das verblüffende Ergebnis: Die virtuellen Stellvertreter der Spieler leben, was ihren Energiekonsum angeht, auf großem Fuß. Geht man vom Stromverbrauch der 4.000 Second-Life-Server und von 12.500 zu jedem Zeitpunkt rund um die Uhr »lebenden« Avataren aus, dann braucht der virtuelle Mensch so viel Strom wie ein echter Durchschnittsbrasilianer. Die Bewohner von Second Life hätten zwar keinen Körper, »aber sie hinterlassen einen Fußabdruck«, schreibt Carr. Er meint das populäre Bild eines »CO₂-Fußabdrucks«, mit dem die Klimaschädlichkeit von Geräten, Personen oder Systemen illustriert wird.

Der CO ₂ -Fußabdruck aller Rechenzentren weltweit hat inzwischen den des Flugverkehrs erreicht, sagt eine Studie der IT-Beratungsfirma Gartner. In den US-Medien werden die Datenzentren schon als »SUV ohne Räder« bezeichnet. Wie die in den USA so beliebten Geländewagen sind Serverfarmen gigantisch und teuer, sie verschlingen unvernünftige Mengen an Energie. Schon sind die Umweltaktivisten auf sie aufmerksam geworden. Zwischen 2000 und 2005 hat sich der Energiehunger der amerikanischen Rechenzentren verdoppelt. 45 Milliarden Kilowattstunden verschlingen allein die offiziell bekannten Server, das entspricht 1,2 Prozent des nationalen Stromverbrauchs.

Dieser große Strombedarf ist, da auch in den USA die Energiekosten rasant steigen, zum ökonomischen Problem geworden. Längst weichen Großverbraucher wie Google, Microsoft oder Yahoo mit neuen Serverfarmen in Industriebrachen aus. Strom aus den Wasserkraftwerken in der Provinz an der Grenze zwischen Oregon und Washington ist noch billig. Doch es gibt eine Alternative zum Umzug, und die ist gerade Megatrend in der amerikanischen IT-Branche: green computing. Man entwickelt sparsame, energieeffiziente Rechner und Peripheriegeräte, die wiederum bei steigenden Energiepreisen gleichzeitig Kosten senken und die Umwelt schonen. Ökologische und ökonomische Interessen verbinden sich so aufs Erfreulichste.

In den USA beflügelt neben den Energiekosten auch eine Anweisung des Präsidenten die Entwicklung sparsamer Computer. Staatliche Einkäufer, die Milliardenetats für elektronisches Equipment verwalten, müssen auf Ökokriterien achten, die auch den Stromverbrauch betreffen. Zu den Anforderungen gehört etwa ein funktionierender Schlafmodus. Bei Nichtgebrauch versetzt sich der Rechner automatisch in einen Zustand, in dem kaum noch Strom verbraucht wird. Diese Funktion bieten neuere Computer zwar fast immer an – doch sie ist wegen allerlei Softwarekonflikten bei 90 Prozent der Geräte deaktiviert. Der neue Ökostandard für die IT-Branche heißt EPEAT (Electronic Product Environmental Assessment Tool) und wurde von der Umweltagentur EPA entwickelt.

In Arbeit sind nun auch endlich Netzteile mit erträglichem Wirkungsgrad – heute gehen rund 30 Prozent der aufgenommenen Energie als Abwärme verloren. Im Kommen sind in größeren Netzwerken die schon länger bekannten sogenannten Thin Clients, das sind Bildschirmarbeitsplätze, die nicht mehr über einen eigenen PC verfügen, sondern auf die Kapazitäten eines Zentralrechners zurückgreifen. Der »dünne Kunde« konsumiert gerade mal 40 Watt – ein Zehntel dessen, was ein gut ausgestatteter PC braucht. Und allerorten entstehen grüne Allianzen aus eigentlich konkurrierenden Herstellern, etwa Green Grid, eine Initiative, die sich vor allem dem Stromverbrauch von Servern widmet. Beachtlich sind die Ziele der Climate Savers Computing Initiative, die in den kommenden drei Jahren 5,5 Milliarden Dollar Energiekosten und 54 Millionen Tonnen klimarelevanter Emissionen sparen will. Um solche Resultate anderswo zu erhalten, müsste man elf Millionen Autos oder an die 20 Kohlekraftwerke aus dem Verkehr ziehen.

Grün ist heute in der IT-Branche jeder, der etwas auf sich hält und im Geschäft bleiben will. Der Computerbauer Dell startete im Februar eine Baumpflanzkampagne. Bei Plant A Tree For Me zahlt der Kunde beim Kauf eines Laptops zwei, beim Kauf eines PC sechs Dollar extra, mit denen Bäume gepflanzt werden als Äquivalent zum CO₂-Fußabdruck des Computers. Außerdem bietet Dell Server an, die 25 Prozent weniger Strom verbrauchen sollen. Die Netzwerkfirma Cisco preist ihre Videokonferenzsysteme mit dem Argument an, die eingesparten Reisen reduzierten die CO₂-Emissionen ihrer Kunden um zehn Prozent. Und Intel liefert sich mit AMD ein Wettrennen um die besten Ökoprozessoren.

Der Berliner Web-Hoster Strato will nun zeigen, dass sich auch in Deutschland Umweltengagement und Betriebswirtschaft vertragen. Man muss nur jeden Winkel im Betrieb durchleuchten, jedes Rechnerbauteil in die Hand nehmen, jedes Computerscript auf Redundanzen und unnötige Operationen prüfen. Der Lohn der Mühe: 30 Prozent Energieeinsparung, bezogen auf den einzelnen Kunden. So macht Öko Spaß.

Zum Beispiel laufen neue, für Strato speziell ausgestattete Server der Firma Sun um 90 Prozent sparsamer als ihre Vorgänger. Ausgewählte, hochreine Chips sind zwar teuer, nehmen aber 20 bis 30 Watt weniger Strom auf. Wer da Billigware aus dem Regal nimmt, muss sich nicht wundern. Bei modernen Prozessoren mit ihren Hunderten von Millionen Transistoren gibt es, wenn man Pech hat, Leckverluste, die sich zu gut 40 Watt addieren können. Ein weiteres Ärgernis sind nach wie vor die Netzteile, die nebenher als Heizgeräte fungieren; doch auch hier gibt es Qualitätsunterschiede, die sich direkt auf den Verbrauch auswirken und auch weniger Kühlleistung erfordern.

Es gibt noch ältere Rechenzentren, die zwei Drittel ihrer Energiekosten allein für die Kühlung ihrer Server aufwenden. Geringerer Stromverbrauch der Rechner bedeutet auch weniger Abwärme, was den Energieaufwand für die Kühlung reduziert. Doch Kühlung wird auch bei hocheffizienten Servern nötig sein. Darum sind die Aufstellung der Server und eine intelligente Abfuhr der Wärme entscheidende Faktoren in der Energiebilanz. Von Google erzählt man sich, dass dort noch vor fünf Jahren mit Haushaltsföhnen gekühlt wurde. Bei Strato gibt es heute »kalte Gänge«, aus denen die Rechner Kaltluft ansaugen, die sie, zehn Grad wärmer, auf ihrer Rückseite in »warme Gänge« abgeben. Bei Außentemperaturen bis 8 Grad Celsius kann die Wärme über die zahlreichen Kühler, mit denen das Dach bedeckt ist, an die Umgebungsluft abgegeben werden. Nur wenn es draußen wärmer ist, kommen Kühlkompressoren zum Einsatz. Allein diese Kühlmethode spart 20 bis 30 Prozent der vorher erforderlichen Kühlenergie.

Nicht zuletzt kann man auch durch optimierte Software Strom sparen. Jede Rechenoperation braucht Energie, jeder umständliche Rechenweg, jede zu üppige Software, jedes zu bräsige Betriebssystem trägt zur Stromrechnung bei. Allein der optimierte Code eines neuen Betriebssystems (Solaris 10 von Sun), so heißt es bei Strato, mache die Server um 30 Prozent sparsamer.

Vom Ersparten leistet man sich in Berlin den ultimativen Sprung ins Lager der Guten. Man will demnächst seinen Strom von Wasserkraftwerken des Hochrheins beziehen. Mit grünem Strom soll der CO₂-Fußabdruck des Web-Hosters schließlich kleiner sein als der eines virtuellen Webbewohners: null.

DIE ZEIT, 09.08.2007 Nr. 33

Die Süddeutsche: Klimakiller Internet

Nicht nur Autos tragen mit dem CO2-Ausstoß zum Klimawandel bei. Auch das Internet richtet erheblichen Schaden an - fast so viel wie der Flugverkehr. Von Titus Arnu

Mal schnell nach Hawaii jetten? Kein Problem. Einfach "Waikiki Beach‘‘ bei Google Earth eingeben, ganz nah ranzoomen, bis der Pool des Hotels Hale Koa in Sicht kommt, und schon kann man sich der schönen Illusion hingeben, innerhalb von Sekunden um die halbe Welt in die Sonne gereist zu sein, kostenlos und klimaneutral.

Klimaneutral? Das ist leider auch nur eine Illusion. Denn das Internet hat nur scheinbar keine Auswirkungen auf die Umwelt. Das weltweite Datennetz verbraucht gewaltige Mengen an Strom und könnte mitverantwortlich sein für den Klimawandel. Eine einzige Such-Anfrage bei Google verbrauche so viel Strom wie eine 11-Watt-Energiesparlampe pro Stunde, meldet die New York Times. Selbst ein virtuelles Leben ist nicht unbedingt umweltfreundlich: Eine Figur in "Second Life" frisst durchschnittlich 1752 Kilowattstunden pro Jahr - das ist mehr als mancher echte Mensch im Jahr verbraucht, zum Beispiel in Indien.

Solche Vergleiche beruhen auf groben Schätzungen, aber es gibt auch fundierte Prognosen, die nicht weniger alarmierend klingen. Basierend auf Daten des Prognos-Instituts und des Umweltbundesamtes haben Klimaforscher errechnet, dass der Stromverbrauch des Internets einen CO2-Ausstoß von 4 Millionen Tonnen pro Jahr verursacht, allein in Deutschland. Da in Deutschland knapp 80 Prozent des Strombedarfs durch herkömmliche Energie gedeckt werden, sei das Internet für 2 bis 3 Prozent des gesamten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich - und damit so schädlich wie der Flugverkehr.

Das Wuppertal Institut, eine Klimaforschungseinrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen, geht in einem Szenario für das Jahr 2010 davon aus, dass das Internet in Deutschland mehr als 30 Milliarden Kilowattstunden Strom verbrauchen wird. Davon entfällt der größte Teil auf PCs, der Rest verteilt sich auf Server, Provider und Datenleitungen für Onlinehandel und Mailverkehr. Werde der derzeitige auf fossilen Brennstoffen und Atomenergie beruhende Strom-Mix beibehalten, sei das Internet im Jahr 2010 für 18,5 Millionen Tonnen CO2 und mehr als 27 Tonnen hochradioaktiven Atommüll verantwortlich, befürchtet Greenpeace.

Die Welt: Das Internet ist der wahre Klimakiller

Die Internetnutzung wächst rasant – und das ist schlecht fürs Klima. Denn der Energiehunger des Datennetzes ist kaum zu stillen: Besonders die Großrechner von Firmen verbrauchen Unmengen an Strom. Der CO2-Ausstoß des gesamten Internets ist inzwischen so groß wie der des weltweiten Flugverkehrs.

Im Grunde genommen gibt es nichts Umweltfreundlicheres als eine digitale Identität im virtuellen Computerspiel Second Life. Keine Autoabgase, keine Müllberge, keine Ressourcen-Verschwendung. Die Spieler bewegen sich mittels so genannter Avatare nur als Abbild durch die schöne, neue Welt. In Second Life ist jeder ein Öko. Falsch. Ein virtueller Second-Life-Mensch verbraucht mehr Strom als ein durchschnittlicher Brasilianer. Der US-Blogger und Buchautor Nicholas Carr hat die Ökobilanz der Avatare durchgerechnet. Berücksichtigt man den Stromverbrauch der Spieler-Computer und der 4000 Second-Life-Server, so ergibt das einen Jahresverbrauch von 1752 Kilowattstunden pro Avatar. Für den Planeten ist das bitter: Jedes Jahr produziert eine virtuelle Identität 1,17 Tonnen des Klimakillers CO2. Tatsächlich hat sich das Internet zu einem gigantischen Stromschlucker entwickelt. Die rasante Verbreitung des Datennetzes ist inzwischen zur Bürde für den Globus geworden. „Die Umweltbelastung mit CO2 entspricht bereits der des weltweiten Flugverkehrs“, sagt Martin Hingley, Chefforscher beim Beratungsinstitut IDC.

Das Internet ist weit davon entfernt, sauber zu sein. Der enorme Energiehunger und die damit verbundene Klimabelastung lässt inzwischen die ganze Industrie Alarm schlagen. Chip- und Computerhersteller gründen Initiativen gegen die Klimavernichtung und weisen ihre Forscher an, schnellstmöglich energiesparende Lösungen vorzulegen. Kaum vergeht eine Woche ohne Kongress zum Thema umweltfreundliche Informationstechnologie. Inzwischen sind sich alle einig: Das Internet soll grün werden. Und zwar schnell.

Dafür ist es auch höchste Zeit, wie die jüngste Meldung über die Nordwestpassage zwischen Atlantik und Pazifik verdeutlicht, die in diesem Jahr erstmals eisfrei ist. CO2 gilt als Hauptverursacher für steigende Temperaturen. Das bedeutet: Das Internet heizt unseren Planeten auf.

„Bereits im Jahr 2005 wurden rechnerisch weltweit rund 20 Eintausend-Megawatt-Großkraftwerke allein dafür benötigt, um den Strombedarf des Internets und der zugehörigen Datenzentren zu decken“, sagt Joachim Lohse, Geschäftsführer des Freiburger Öko-Instituts. Allein zwischen 2000 und 2005 hat sich der Stromhunger des World Wide Web verdoppelt. Das ist kaum verwunderlich. Die Datenmenge im Internet verdoppelt sich sogar alle vier Monate. Allein das Video-Portal YouTube produziert heute so viel Datenverkehr wie das gesamte Internet vor zwei Jahren. Im Grunde belastet jeder Mausklick das Klima. Die New York Times hat den Stromverbrauch von Google untersucht. Ergebnis: Jede Suchanfrage braucht so viel Strom, wie eine Energiesparlampe in einer Stunde. Das hat nicht nur Folgen für die Umwelt. Es macht auch den Betrieb von Servern teuer, auf denen die Informationen der Internet-Seiten gespeichert werden. Unternehmen wie Google und ebay zahlen mehrere Mio. Dollar für ihren Strom – monatlich. Um die Anfragen der Nutzer bearbeiten zu können, unterhalten sie mehrere Hunderttausend dieser Rechner. Energiekonzerne müssen immer häufiger abwinken, wenn es um den Neubau von Rechenzentren geht. Sie können in bestimmten Gebieten die Strommengen schlichtweg nicht mehr liefern.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/computer/artikel/433/139144/

Steigende Energiepreise

Vor allem die steigenden Energiepreise – in Deutschland haben sich die Kosten innerhalb von fünf Jahren fast verdoppelt – lassen die Konzerne stöhnen. „Strom ist unser größter Kostenfaktor“, sagt Damian Schmidt, Chef bei Strato. Strato speichert mehr als drei Mio. Internet-Adressen in seinen Rechenzentren in Berlin und Karlsruhe und ist damit der zweitgrößte Anbieter dieser Art in Europa. Ein Viertel des deutschen Internets liegt auf Stratos Rechnern. Nicht nur, dass die Hochleistungsrechner Betriebsstrom brauchen. Sie heizen sich dabei auch noch so stark auf, dass sie mit großem Aufwand gekühlt werden müssen. Wenn irgend möglich, gehen die Betreiber dieser Server-Farmen dahin, wo der Strom billig ist. Oder sie setzen alles daran, Strom zu sparen. „Zum ersten Mal kommen hier Ökonomie und Ökologie nahtlos zusammen“, sagt René Wienholtz, Chef des Strato-Rechenzentrums. Der Herr über 43.000 Server hat die vergangenen 18 Monate damit verbracht, jede denkbare Möglichkeit auszuloten, den Stromzufluss zu verringern. Das Ergebnis: Der Verbrauch sank um 30 Prozent. Wenn Wienholtz nun durch sein Rechenzentrum geht, spricht er von kalten und warmen Gängen, von intelligenten Kühlsystemen und sparsamen Computerchips. Als er vor Jahren das Rechenzentrum, das aus Sicherheitsgründen keine Adresse haben darf, in Betrieb nehmen wollte, musste er sogar eine Genehmigung des Luftfahrtbundesamtes einholen. Weil das Gebäude in der Nähe der Einflugschneise des Flughafens Tegel liegt, hätte die Abwärme zu Luftwirbeln führen können. Strato-Chef Schmidt will nun seine Rechenzentren komplett CO2-frei machen. Ab Januar wird Strato nur noch mit Strom aus Wasserkraft beliefert. Dafür musste das Unternehmen zu einem alternativen Anbieter wechseln. Der bisherige Stromlieferant EnBW konnte die benötigte Menge von 30 Gigawattstunden pro Jahr nicht liefern. Die Klimaentlastung ist groß: 15¿000 Tonnen CO2 werden so weniger ausgestoßen, das entspricht den Werten von 5000 Vier-Personen-Haushalten. „Der Energiekostenanteil der Informationstechnologie steigt weiter, allein schon wegen der zunehmenden Digitalisierung“, sagt IDC-Chefforscher Hingley. Die gesamte Branche befindet sich in einem Wettlauf. Zwar steigt der Stromverbrauch des Internets weiter an. Doch die Folgen können abgemildert werden. Plötzlich will niemand hinten anstehen. Sogar US-Präsident George W. Bush, nicht gerade bekannt für seine Klimainitiativen, hat die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA angewiesen, die Energieeffizienz der Internet-Server zu untersuchen. Im Februar hat der Chiphersteller AMD gemeinsam mit den IT-Unternehmen Sun Microsystems, IBM und HP die Initiative „Green Grid“ ins Leben gerufen, im Juni folgten Google, Microsoft und andere mit der „Climate Savers Computing Initiative“. Dell pflanzt für jeden Kunden, der ein paar Euro mehr zahlt, sogar einen Baum als CO2-Wiedergutmachung. Fujitsu-Siemens hat schon 1993 seinen ersten „grünen PC“ mit automatischer Stromsparfunktion vorgestellt.

Deutscher Schulterschluss für das Klima

In Deutschland haben sich acht Repräsentanten der Wirtschaft zur Initiative „2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz“ zusammengeschlossen. Telekom-Chef René Obermann ist Mitglied dieser Gruppe und will in diesem Jahr etwa ein Drittel des Stromverbrauchs der Telekom in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen bestreiten. Wie Strato kämpft auch die Telekom-Tochter T-Systems in ihren Rechenzentren gegen den Hitzestau. Die Ingenieure haben in ihrer Server-Halle in München sogar ein eigenes Kraftwerk mit Brennstoffzellentechnik eingebaut, das sie intern „Cola-Dose“ nennen, weil es diese Form hat. Das Mini-Kraftwerk wandelt die chemische Energie, die in Wasserstoff oder Biogas enthalten ist, direkt in elektrischen Strom für die Kühlung um. Trotz aller Initiativen der Industrie entscheidet am Ende der Internet-Nutzer, wie stark er das Klima belastet. Der Rat von Experten ist einfach: Computer auch mal ausschalten. Auf einen ungewöhnlichen Vorschlag kommt der Autor des EcoIron-Blogs Mark Ontkush: Würde Google die Hintergrundfarbe seiner Webseite von Weiß auf Schwarz umstellen, ließen sich jährlich 3000 Megawattstunden Strom einsparen, weil Röhrenmonitore bei der Darstellung dann weniger Strom verbrauchen.

Niemand geht davon aus, dass der Stromhunger des Internets zurückgehen wird. Allerdings können alternative Energiequellen die Klimafolgen abmildern. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht noch einen Schritt weiter: Auf seiner CO2-freien Internet-Seite fragt der Öko-Strom-Anbieter Greenpeace energy: „Sie haben noch keine atomstromfreie E-Mail-Adresse?“

Quelle: http://www.welt.de/webwelt/article1203605/Das_Internet_ist_der_wahre_Klimakiller.html

Gabriel will "Trend stoppen"

Das Internet wird offenbar zum "Stromfresser"

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wird das Internet zunehmend zu einem regelrechten "Stromfresser". Die Netzinfrastrukturen gehörten zu den am schnellsten wachsenden Stromverbrauchern. Zwischen 2000 und 2005 habe sich in den USA der Stromverbrauch von Servern verdoppelt. "Weltweit hat der durch die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) bedingte CO2-Ausstoß das Emissionsniveau des Flugverkehrs erreicht", schreibt das Umweltministerium. Eine virtuelle Identität in der Online-Welt Second Life verbrauche jährlich so viel Strom wie durchschnittlich ein Brasilianer im Jahr. In Deutschland liegt der auf die gesamte Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) entfallende Strombedarf den Angaben zufolge bei 8 Prozent am gesamten Stromverbrauch der Endenergiesektoren. "Allein der Stromverbrauch des Internets beläuft sich auf über zwei Prozent."

http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?H=N&Nr=16860

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