Interview mit Kurt Gramlich im kreisrund März 2007
Kurt Gramlich, Gründungsmitglied der GRÜNEN, war 1994 Mitinitiator der Linux User Group Ravensberg und gründete im September 2002 das deutsche Team von Skolelinux. Skole ist norwegisch und bedeutet Schule. Skolelinux bietet ein komplettes IT-Netzwerk mit Servern und Arbeistrechnern basierend auf freier Software. Im Dezember 2006 rief er mit anderen GRÜNEN den Arbeitskreis "Freie Software" ins Leben. Die Ziele dieses Projektes wird er uns im folgenden Interview nennen. Das Interview führte Katja Diekmann.
Was ist freie Software?
Freie Software nennt man solche Programme und Betriebssysteme, die vier Bedingungen erfüllen, sie muss:
- Legal frei kopierbar sein
- Ohne Einschränkungen für jeden Zweck verwendet werden dürfen
- Untersucht und verändert werden dürfen
- Mit Quellcode geliefert werden
Welche Ziele verfolgt der Arbeitskreis Freie Software?
Es gibt viele Beschlüsse von Bündnis 90/Die Grünen, freie Software zu fördern und in allen staatlichen und öffentlichen Institutionen einzusetzen. Diese sind aber auf dem Papier geblieben. Deshalb haben wir hier in Gütersloh begonnen, die Computer des Kreisverbandes auf freie Software zu migrieren. Begleitende Vorträge und Veranstaltungen sollen den praktischen Umstieg für alle erleichtern, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Alle Schritte sind im Wiki von Skolelinux öffentlich dokumentiert, so dass auch andere Orts- und Kreisverbände dem Beispiel folgen können. Der Kampf um einen freien Zugang zum Wissen hat eine lange Geschichte, vom Buchdruck bis zu Wikipedia. Programme sind wie Bücher voller Wissen über Verfahren und Techniken. Nur wenn diese frei und offen sind, kann man sie lesen und sieht, was ein Programm wirklich tut, ob es den Rechner nach Raubkopien durchsucht und diese nach Redmond meldet oder ob es als Troyaner Passwörter sammelt und diese einem Cracker schickt.
Können alle die freie Software benutzen?
Ja, es gibt freie Software für alle Betriebssyteme, d. h. auch für die, die noch Windows nutzen gibt es freie Alternativen, z.B. OpenOffice und Firefox.
Kann ich das auf meinem Rechner benutzen?
Ja, einfach aus dem Internet oder von einer CD-Beilage einer Computer-Zeitschrift auf den Rechner kopieren und installieren.
Was würdest Du raten, wenn jemand umsteigen will?
Ich rate, in drei Schritten vorzugehen:
1. Freie Software auf dem vorhandenen Betriebssystem zu installieren und zu nutzen, z.B. Firefox, OpenOffice, Thunderbird usw.
2. Eine zweite Festplatte einbauen und dort nur Linux und Freie Software zu installieren. Dann kann beim Einschalten des Rechners entschieden werden, welches Betriebssystem man nutzen will.
3. Komplett auf Freie Software umsteigen, das alte auslaufen lassen. Bei allen Schritten gibt es Hilfe und Unterstützung, konkret hier im Kreis von GreenTux, der Initiative für freie Software bei den Grünen.
Warum sollten sich Grüne für freie Software interessieren?
Freie Software wird weltweit von Freiwilligen entwickelt. Diese Gemeinschaft ist gut mit einer weltweiten Bürgerinitiative zu vergleichen, die für freien Zugang zu Wissen für alle kämpft. Ein bekanntes Beispiel ist Wikipedia, die Inhalte frei zur Verfügung stellt. Diese Basisbewegung entspricht grünen Grundsätzen. Es entspricht grünen Prinzipien, global zu denken und lokal zu handeln. Freie Software schafft lokale Arbeitsplätze und verringert den Transfer von Geld und Wissen an grosse Monopole in den USA.
Welche Forderungen sollten die Grünen unterstützen?
Alle Formulare aller staatlichen Organisationen und Institutionen sollten in einem freien Format, dem Open Document Format gespeichert und öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Es ist abzulehnen, dass Bürger gezwungen werden, ein bestimmtes Programm kaufen zu müssen, um z.B. die Steuereklärung digital abgeben zu können oder dass Schüler/-innen die Software kaufen müssen, um Hausaufgaben erledigen zu können. Alle Software, die für Öffentliche Institutionen konzipiert und programmiert wird, soll mit einer freien Lizenz versehen werden. Das gilt insbesondere für alles, was mit Bildung und Schulen zu tun hat. Wissen muss frei bleiben, sonst kann es sich nicht weiterentwickeln.