Geh- / Radwege an der Ortsdurchfahrt Verl

Beschilderung offensichtlich unzulässig

Entgegen der Ansicht von Herrn Landwehr (Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung im Rathaus) ist die Beschilderung der Gehwege an der Gütersloher Straße / Paderborner Straße offensichtlich unzulässig. Nach Paragraf 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) benutzen Fahrzeuge, wozu auch Fahrräder gehören, grundsätzlich die Fahrbahnen. Bei der mittels Verkehrszeichen "gemeinsamer Geh- und Radweg" angeordneten Radwegebenutzungspflicht handelt es sich um ein Verbot des fließenden Radverkehrs, so die einschlägige Rechtsprechung. Das Verbot greift in die Rechte der Radfahrer ein und darf nur ausnahmsweise angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse erheblich erhöhte Unfallgefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Verkehrsteilnehmer nicht vermeidbar sind. Eine solche Gefahrenlage ist hier nicht ersichtlich. Jedenfalls haben die Sicherheitsaudits keine örtlichen Besonderheiten festgestellt, auf Grund derer eine erheblich erhöhte Gefahr für Radfahrer auf der Fahrbahn besteht. Die Beachtung der allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der StVO reichen hier für einen sicheren Verkehrsablauf aus, ein verkehrslenkendes Einschreiten der Stadt Verl ist daher unzulässig. Wenn die Stadt Verl Gefährdungen durch den Kfz-Verkehr befürchtet übersieht sie, dass die aufgestellten Verkehrszeichen ungeeignet sind, da sie nicht die Gefahr bekämpfen, sondern den Gefährdeten.

Die Beschilderung ist auch schon deshalb unzulässig, weil die Stadt Verl bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt hat, dass die Gehwege über längere Abschnitte hinweg nicht die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) genannten Kriterien für die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht erfüllen. Bei - wie hier vorliegend - hohen Nutzungsansprüchen verlangen die Regelwerke sowie die einschlägige Rechtsprechung Zuschläge an die nicht durchgehend vorhandenen Mindestbreiten.

Im Sicherheitsaudit wird angemerkt, dass die Anordnung von Geh- / Radwegen wegen der teilweise dichten Folge von Grundstückszufahrten bei einer gemeinsamen Führung von Fußgängern und Radfahrern als kritisch anzusehen ist. Es wird empfohlen, die Regelung "Gehweg, Radfahrer frei" zu favorisieren, um Radfahrern freizustellen, ob sie mit Schrittgeschwindigkeit auf dem Gehweg oder mit gegebenenfalls höheren Geschwindigkeiten auf der Fahrbahn fahren wollen. Das Bestreben der Stadt Verl, Autofahrern die Begegnung mit Radfahrern im Längsverkehr zu ersparen, dient nicht der Verkehrssicherheit, sondern vor allem dem schnellen Vorankommen des Kfz-Verkehrs. Die Stadt Verl sollte hier dem gesetzgeberischen Willen nachkommen, wonach die Wahl des Verkehrswegs grundsätzlich der eigenverantwortlichen Entscheidung der Radfahrer zu überlassen ist. Dies dient der Verkehrssicherheit und schafft Anreize, vom Kraftfahrzeug auf das Fahrrad umzusteigen.

Meinolf Körkemeier

Gütersloh

MeinolfKoerkemeier/Leserbrief/2016-06-09 (zuletzt geändert am 2016-09-04 15:19:14 durch KurtGramlich)

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