Hier sammeln wir Daten zur Bedeutung der Pflanzenkohle als CO2-Senke
Anlass für das Online Seminar war das Whitepaper Pflanzenkohle
Online Seminar Senkenoekonomie mit CO2Abgabe externer Link zu Youtube
- Aus einer Antwort von CO2Abgabe an Ann-Kathrin:
Das über Pflanzenkohle verfügbare Wissen hat sich in den letzten Jahren wirklich stark verändert bzw. es gab eben den im Whitepaper dargestellten Wissenszuwachs. Das Papier von Thünen kennen wir natürlich und es gibt auch weitere kritische Äußerungen und Meinungen zu Pflanzenkohle mit denen wir uns ebenfalls intensiv befasst haben. Die häufig zitierte Aussage, dass der Nutzen von Pflanzenkohle bisher nur in nährstoff-armen tropischen Böden nachgewiesen werden konnte, ist mit dem heute verfügbaren Wissen eigentlich so nicht mehr haltbar.
Gleichermaßen gilt aber, dass Pflanzenkohle kein Zauberpulver ist, das unter allen Umständen positive und das in allen Einzelexperimenten statistisch signifikante Wirkung erzielt.
Ein wichtiges Ziel unseres Whitepapers war/ist genau einer solche Schwarz-Weiß Betrachtung entgegenzuwirken, indem wir ein wissenschaftsbasiertes Assessment auf der Basis von aktuellen Veröffentlichungen gemacht haben und insbesondere Aufklärung betreiben wollen für eine differenzierte Herangehensweise. Einige Beispiele dazu was ich mit differenzierte Herangehensweise meine:
- Heute weiß man, dass die Wirkung von Pflanzenkohle stark damit korreliert ob/wie sie mit Nährstoffen kombiniert bzw. aufgeladen ist. Nachdem das Thema Pflanzenkohle vor rund 10 Jahren bekannter wurde, wurden zahlreiche Feldversuche gestartet, bei denen unbeladene Pflanzenkohle ausgebracht wurde. In der Metastudie von Jeffry2017 ist die Frage ob/wie die Beladung der Pflanzenkohle erfolgt ist, nach Aussage von einigen Experten nicht ausreichend berücksichtigt. Die Metastudie von Ye2020 differenziert hier und kommt im abschließenden Satz des Abstracts auch zu einer anderen Kernaussage. „As the response of crop yield to biochar addition was less a result of climatic zones or soil type than fertilizer use (chiefly N additions), the choice of nutrient addition along with biochar should be priorities for future research and development regardless of the region.”
- Der direkte Einsatz von Pflanzenkohle-Substraten auf sehr guten und humusreichen Böden ist definitiv nicht die Anwendung der Wahl, schon gar nicht wenn es sich um hochoptimierte landwirtschaftliche Systeme handelt und wenn die Wasserversorgung gut ist. Ganz anders sieht es aus wenn Böden geringe Humusgehalte aufweisen und wenn Trockenstress ein echtes Thema ist.
- Bei ganz vielen Anwendungen von Pflanzenkohle geht es nicht um Ertragssteigerung. So ist es beispielsweise klar nachgewiesen, dass Stickstoff-Auswaschungen (Nitratbelastung des Grundwassers) durch Pflanzenkohle erheblich reduziert werden. * Die Idee der Kaskadenwirkung (siehe Whitepaper) ist für die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Pflanzenkohle ein wichtiges Prinzip.
- Der Klimaaspekt der C-Sequestrierung und Betrachtungen zu einer Kohlenstoff-effizienten Verwendung von Biomasse wurde in einigen früheren Betrachtungen zu Pflanzenkohle nicht ausreichend berücksichtigt. Ein konkretes Beispiel: der Strommix in Deutschland hatte 1990 mit 764 g/kWh einen wesentlich höheren CO2-Footprint als heute mit 401 g/kWh (Wert 2019). Im Jahr 1990 hat also Strom aus einem holzbefeuerten Kraftwerk maximal 784 g/kWh eingespart, heute sind es gerade mal die Hälfte und „übermorgen“ wird damit praktisch gar kein CO2 mehr eingespart, weil wir alle Lösungen in der Hand haben, die Stromerzeugung komplett erneuerbar zu machen und das auch geschehen wird. Es muss also wirklich darüber nachgedacht werden, wie holzige/trockene Biomasse, die heute verbrannt wird, in Zukunft verwendet werden soll.
- Im Falle der herkömmlichen Kompostierung können etwa 20-30% des Kohlenstoffs in Humus umgewandelt werden. Mit speziellen Methoden der gelenkten Kompostierung ist es möglich, eine Kohlenstoffeffizienz von 50% zu erreichen.
… also alles nicht so einfach und vor allem sehr vieldimensional.
Wie im Whitepaper ausgeführt: Pflanzenkohle/Pyrolyse ist sicherlich eine Schlüsseltechnologie für die Schaffung von Kohlenstoffsenken und damit für den Kampf gegen unkontrollierbaren Klimawandel, aber Pflanzenkohle alleine wird das Klima nicht retten.
Nachtrag:
Liebe Frau W.,
alles klar, bin gespannt auf die Rückmeldung.
Ja, beim BUND gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema. Das Spektrum reicht von glühenden Befürworter*innen und starken Gegner*innen. Der Hintergrund ist vor allem die (berechtigte) Sorge, dass die Pflanzenkohle Schadstoffe in den Boden eintragen kann. Mit heutiger Anlagentechnik und mit dem auf strengen Schweizer Schadstoffgrenzen beruhenden Zertifizierungssystem kann man aber heute das Thema im Grunde als gelöst betrachten.
Geben Sie mir dann gerne auch Rückmeldung wenn Sie etwas hören.
Viele Grüße
Hansjörg L.
Internationale Tagung Fachverband Pflanzenkohle
Kohle aus Abfall - alternative Einsatzstoffen unter dem Motto „Alles ausser Holz“